Ausstellung über Geschichte des Gemeindebaus in Wien -Wagner

Gesperrt
Benutzeravatar
Velibor
Administrator/in
Beiträge: 2316
Registriert: So Jul 08, 2007 21:22
Wohnort: Moselgasse 12
Kontaktdaten:

Ausstellung über Geschichte des Gemeindebaus in Wien -Wagner

Beitrag von Velibor » Di Jul 06, 2010 22:12

Interessante Anmerkung: Gemeindebau in der Laaer-Berg-Straße 67-69 = Collmanngasse 2 ist das letzt gebaute Wohngebäude im Eigentum von Stadt Wien.

Zu Besuch bei Otto Wagner
Die Ausstellung "Wagner-Schule: Rotes Wien. Architektur als soziale Utopie"


Ausstellungsdauer 6. Juli bis 28. August 2010
Öffnungszeiten Mo – Fr 9 – 17 Uhr, Sa 10 – 17 Uhr, So geschlossen

Ort WAGNER: WERK Museum Postsparkasse der BAWAG PSK - Großer Kassensaal
Georg Coch-Platz 2, 1018 Wien

Eintritt: Euro 5,00, Euro 3,50 ermäßigt (Schüler, Studenten, Senioren und der Gruppen)
Eintritt frei für Kunden der BAWAG P.S.K. gegen Vorweis ihrer Kundenkarte
Plakat zur Ausstellung "Wagner-Schule: Rotes Wien. Architektur als soziale Utopie" - © WAGNER:WERK Museum
Plakat zur Ausstellung "Wagner-Schule: Rotes Wien. Architektur als soziale Utopie" - © WAGNER:WERK Museum
Die Ausstellung "Wagner-Schule: Rotes Wien" im Wagner:Werk Museum Postsparkasse widmet sich dem Gemeindebau und seinen Vätern, den Schülern Otto Wagners. Besucher werden Zeuge einer turbulenten Zeit.
:arrow: Visionen der Sonderklasse

In den 1920er Jahren verwirklichte die sozialdemokratische Stadtregierung des „Roten Wien“ ein ungeheures Bauvolumen von über 65.000 Wohnungen und Siedlungsgruppen. Noch beachtlicher als die Quantität war die Qualität dieser neuen Sozialwohnungen, die nicht nur Wohnen erschwinglich machte, sondern auch ein breites Angebot an Infrastruktur für den täglichen Bedarf sowie kollektive Einrichtungen und Orte der solidarisierenden Kommunikation, wie z.B. Kindergärten, Bibliotheken oder Theater, vorsahen.

Den Absolventen der Architekturschule Otto Wagners an der Akademie der bildenden Künste in Wien kommt innerhalb des Wohnbauprogramms der Gemeinde Wien eine besondere Bedeutung zu. Ihnen wurden die größten und prestigeträchtigsten Gemeindebauten zur Realisierung überantwortet, und ihre architektonischen Lösungen sind diejenigen, die bis heute die Vorstellung vom Wiener Gemeindebau der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts prägen.
:arrow: Wagner-Schule: Rotes Wien
Karl Marx-Hof (1927–1930), Wien 19., Boschstraße 1 - 19 - © WAGNER:WERK Museum
Karl Marx-Hof (1927–1930), Wien 19., Boschstraße 1 - 19 - © WAGNER:WERK Museum
Margarethengürtel 100 - 110 - © WAGNER:WERK Museum
Margarethengürtel 100 - 110 - © WAGNER:WERK Museum
Margarethengürtel 100 - 110 - © WAGNER:WERK Museum
Margarethengürtel 100 - 110 - © WAGNER:WERK Museum
Um die Jahrhundertwende (19 J.H.!) verfügten 95% aller Wohnungen (!) weder über WC noch Wasseranschluß und bestanden lediglich aus Gangküche und einem Zimmer.
Die Sozialdemokraten forderten in ihrem kommunalpolitischen Programm 1914 bereits den Bau von kommunalen Mietwohnungen, die bis 1918 allerdings beinahe ausschließlich dem privaten Kapital überlassen blieben. Der Zusammenbruch der Monarchie hatte die Wohnsituation in Wien noch weiter verschlechtert. Zehntausende arbeits- und heimatlos gewordener (meist deutschsprachiger) ehemaliger Beamter und Mitarbeiter des Staatsapparats, außerdem Kriegsflüchtlinge – darunter viele Juden – strömten aus dem unsicher gewordenen Osten nach Wien.
Mit der Gründung eines eigenen, von Niederösterreich abgetrennten Bundeslandes Wien am 1. Januar 1922 konnte jene Steuerhoheit erreicht werden, die der Stadt die finanziellen Mittel für ihr kommunalpolitisches Programm zuführte. Das „Rote Wien“ war damit möglich geworden – eine Entwicklung, die in ihrer Bedeutung weit über Österreichs Grenzen hinaus ging. Tatsächlich war Wien zu diesem Zeitpunkt die einzige von Sozialdemokraten regierte Millionenstadt der Welt. Entsprechend groß war auf politischer und medialer Ebene die internationale Aufmerksamkeit. Zum Kernpunkt der neuen Kommunalpolitik sollte der Wohnbau werden. Hier, im unmittelbaren täglichen Lebensbereich, sollte der Unterschied zwischen kapitalistischem Wohnungswucher und sozialistischer Kommunalpolitik direkt erfahrbar werden.
Wohnen war mehr als bloße Behausung: der „Gemeindebau“ verstand sich als räumlich konzentrierter Ausdruck der neuen Gesellschaft, der ein breites Angebot an Infrastruktur wie Bildung, Gesundheit und Kultur mit einschloß. Die Architektur wurde zum Träger dieser sozialen Utopie. Neben den zahlreichen Gemeinschaftseinrichtungen und dem Hof als zentralem Kommunikationsbereich sollte insbesondere auch die ästhetische Gestaltung und architektonische Qualität den Anspruch auf gesellschaftlichen Fortschritt dokumentieren. Die über das gesamte Stadtgebiet verteilten Bauten wurden zum Symbol der Stärke und dokumentieren mit ihren Namensbezeichnungen (Marx-, Engels-, Adler-, Bebel-, Liebknecht-, Matteotti-Hof etc.) das Recht auf Geschichte der Arbeiterklasse. Zum symbolträchtigsten Bau des Roten Wien wurde der Karl Marx-Hof, der vom Otto Wagner-Schüler und Beamten des Wiener Stadtbauamtes, Karl Ehn geplant wurde.
Die erstaunlichen Errungenschaften des Roten Wien lassen oft vergessen, wie kurz die Zeitspanne für die Umsetzung seines Reformprogramms war: rund 15 Jahre bis zur Ausschaltung der Demokratie 1934 – bzw. kaum mehr als 10 Jahre, wenn man die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf die Bautätigkeit bedenkt. Die Gesamtbilanz der Wohnbaupolitik des Roten Wien ist dennoch beeindruckend. Insgesamt wurden von der Gemeinde Wien innerhalb von 14 Jahren 61.175 Wohnungen in 348 Wohnhausanlagen, 42 Siedlungsgruppen mit 5.257 Siedlerhäusern und 2.155 Geschäftslokale errichtet. 1934 wohnte bereits ein Zehntel der Wiener Bevölkerung in Gemeindewohnungen.

Nach 1945 erreichte der Wiederaufbau nur in seltenen Fällen die städtebaulichen und architektonischen Qualitäten der 20er-Jahre. Diese sollten erst später wieder entdeckt werden, als eine neue Architektengeneration Alternativen zu einer als gesichtslos empfundenen Moderne suchte. Sie fand sie bei den Gemeindebauten des Roten Wien und hier vor allem bei den Otto Wagner-Schülern, die diesen großstädtischen Wohnbau geprägt hatten. Heute werden diese unter Denkmalschutz stehenden Bauten aufwendig saniert und bilden innerhalb des kommunalen Wohnungsbestands – 220.000 Wohnungen – einen architektonischen und wohl auch kulturpolitischen Höhepunkt.

Gesperrt

Zurück zu „Veranstaltungen in und um Monte Laa“